Samstag, 4. August 2012

Mont Dolent (3823m) – Gallet-Grat (AD)

Die Nacht im Biwak endete für uns um 4:00 Uhr morgens, als mein Wecker klingelte. Die mit uns im Biwak Liegenden hatten 4:00 Uhr zum Aufstehen geplant, und so hatten wir uns angeschlossen, obwohl wir eigentlich vorher einmal überlegt hatten, um 4:00 Uhr zu starten und somit mindestens eine halbe Stunde früher aufzustehen.

Am Abend zuvor hatten wir schon einen Liter Tee gekocht, den wir nun zu unserem Marmorkuchen tranken, welcher unser Frühstück darstellte.

Morgens um 4:45 Uhr vor dem Biwak.

Nach dem Frühstück legten wir teilweise vor dem Biwak unsere Ausrüstung an und waren um 4:45 Uhr kurz nach den anderen abmarschbereit.

Wir erreichten den Gletscher ziemlich schnell über das Geröll durch ein paar Firnfelder. Der fast volle Mond schien extrem hell, und wir hätten auf dem reflektierenden Gletscher fast keine Stirnlampen gebraucht. Mir war es dennoch lieber, den Weg vor den Füßen schön hell zu erleuchten.

Sonnenaufgang gegen 6:00 Uhr morgens.

Um kurz vor 6:00 Uhr kam die Sonne über die gegenüberliegenden Berge und beschien zum ersten Mal an diesem Tag die Wände des Mont Dolent.

Die Südwand des Mont Dolent in der Morgensonne.

Wir durchstiegen den ziemlich zerklüfteten Gletscher, der aber gut zu überqueren war. Viele der Spalten waren offen, und so konnten wir aus guter Entfernung schon den Weg planen, wie wir sie umgehen wollten. Es gab zwischendrin immer wieder einige steilere Passagen im Firn, die sich jedoch alle leicht erklettern ließen.

Chuck in einer steileren Passage auf dem Gletscher.

Wir folgten den Spuren unserer drei Mitbiwakierer, die ein bisschen schneller waren als wir bzw. auch einen kleinen Vorsprung hatten. Laut Führer sollte man unterhalb von Punkt 3200 vom Gletscher auf den Felsgrat aussteigen. Dies taten wir jedoch nicht. Im Internet hatten wir schon gelesen, dass sich die Tour wohl durch die Beschaffenheit der sich ständig verändernden Gletscher verändert haben mochte.

Breite Querung von links nach rechts zur Felswand
unterhalb eines Eisbruchs auf ca. 3150m Höhe.

Da der Gletscher sehr gut zu gehen war, folgten wir ihm noch einige Höhenmeter mehr, um dann an der von uns aus rechten Seiten nahe der Wand ein Couloir zu ersteigen. Der Bergschrund des Couloirs ließ sich gut überklettern, und wir erreichten den Felsgrat um kurz vor 7:00 Uhr auf ca. 3321m Höhe.

Chuck an den scharfen Felsen des Gallet-Grates. 

Wir sicherten Teile des scharfkantigen Felsgrates ab, während wir gemeinsam am Seil gingen. Lange blieben wir nicht auf dem Grat (ca. 3 SL), da die Spur eindeutig den Grat wieder verließ, um sich auf der dem Gletscher abgewandten Seite den Mont Dolent weiter emporzuziehen (man kann die Spur im obigen Bild auf der rechten Seite gut erkennen).

Die Sonne über dem Gallet-Grat.

Kurz bevor wir den Firn unterhalb des Grates einige Minuten vor 8:00 Uhr wieder betraten, legten wir auch die Gletscherbrillen an und kremten uns noch einmal mit Sonnenkreme ein.

Blick zum Gipfel des Mont Dolent, der nach Verlassen
des Felsgrates über Firn zu erreichen war.

Im Firn fanden wir die schon gezeigte gute Spur, die uns über kleinere Bergschründe hinweg nach oben führte.

Blick zurück die Firnflanke entlang des Grates hinunter.

Von der ca. 200 Höhenmeter unterhalb des Gipfels beginnenden Passage hatten wir schon gehört. Es kam ein steiler Bergschrund, der bei schlechten Verhältnissen wohl auch mal nicht zu überwinden ist. Nach diesem Bergschrund beginnt die Gipfelwand, die der Grund dafür war, dass wir jeder zum Pickel noch zusätzlich ein Eisgerät trugen und auch fünf Eisschrauben dabei hatten. Der Firn war steil aber über dem Eis gab es noch eine kleine Auflage und mit den zwei Eisgeräten ließ sich die Wand gut und mit einem sicheren Gefühl klettern. Bei der 3er-Truppe vor uns hatte, glaube ich, nur einer zwei Eisgeräte und die beiden anderen jeweils nur eins.

Wir kamen gut voran, aber anstrengend war diese Passage schon. Durch das Steigen und Stehen auf dem Vorderfuß fingen die Waden schnell an, sich zu melden, dass dies eine ungewohnte Anstrengung sei. Auch ein kurzes Stehenbleiben bot nicht viel Erholung, wenn man sich nicht zuvor mit den Steigeisen eine breitere Stufe in den Firn trat, sodass der Fuß auch einmal seitlich abgestellt werden konnte.

Die letzten Meter vor dem Gipfel kurz nach Verlassen
der Gipfelwand in Blockgelände.

Ziemlich angestrengt erreichten wir um 9:15 Uhr nach also genau 4,5h Aufstiegszeit den Gipfel des Mont Dolent.

Chuck auf dem Gipfel des Mont Dolent (3823m).

Oben auf dem Gipfel wehte ein kühler Wind, und wir hielten uns nicht lange dort auf. An den großen Bergen in der Umgebung hatten sich teilweise schon ziemlich dunkle Wolken verfangen. Die Gipfel des Mont Blanc, der Aiguille Verte und der Grandes Jorasses sahen eher ungemütlich aus.

Blick zurück auf eine andere Seilschaft, die kurz
nach uns auf dem Gipfel des Mont Dolent stand.

Direkt nach uns war eine Dreierseilschaft auf dem Gipfel, die vom Fiorio-Biwak im Süden aufgestiegen war. Deren Aufstieg sollte auch unser Abstieg sein. Wir folgten dem Gipfelgrat zu einer ziemlich heikel aussehenden Felsrinne. Nach den ersten Metern in dieser Rinne, bei dem der ein oder andere Stein sich als reinkarnierter Lemming herausstellte, der sich unbedingt die Klippen hinabwerfen wollte, stiegen wir wieder auf, da wir annahmen, hier falsch zu sein.

Blick hinunter in die bröselige Schuttrinne 
oberhalb des Gletscherabstiegs.

Oben auf dem Grat konnten wir jedoch keinen alternativen Abstieg erkennen, und die Dreierseilschaft ging zielstrebig an uns vorbei, um das fiese Couloir abzusteigen. Da sie auch diesen Weg gekommen waren und es anscheinend keine Alternative gab, schlugen wir den gleichen Weg ein. Aus Angst einen Stein loszutreten, der den Bergsteigern direkt unter uns gefährlich werden könnte, warteten wir eine ganze Weile an der Seite des Couloirs, bis wir ganz langsam und vorsichtig über die losen Steine balancierten. Dieses Couloir stellte keine große Absturzgefahr für uns selbst dar, da es nicht so steil war – das eigentlich Unangenehme waren aber die potentiell extrem gefährlichen losgetretenen Steine.

Um 10:44 Uhr waren wir erst am Ende des Couloirs und legten wieder die Steigeisen und das Seil an, um den Gletscher in Richtung des Fiorio-Biwaks abzusteigen. Dieses erreichten wir nach dem Verlassen des Gletschers durch eine wirklich sehr gut markierte Fels- und Geröllzone gegen 13:00 Uhr.

Das neue Fiorio-Biwak unterhalb des Mont Dolent auf 2724m 
(das alte steht ein paar Meter weiter westlich und sieht ziemlich klein aus).

Wir fanden, mit dem Biwak du Dolent (auch Bivouac de la Maye) eine bessere Wahl getroffen zu haben, da das Fiorio-Biwak von außen zumindest ziemlich düster aussieht.

Von dem Biwak aus war für uns leider lange noch nicht Schluss. Wir hatten immer noch über 1000 Höhenmeter abzusteigen. Auch streckenmäßig war es gar nicht so wenig. Man steigt bis auf ca. 2490m südöstlich ab und überquert den Petit Col Ferret, um von der italienischen wieder auf die schweizer Seite des Ferret-Tals zu kommen.

Wir erreichten über einen schönen Wanderweg mit vielen Blumenwiesen unser in La Fouly stehendes Auto um 15:37 Uhr, welches nach fast 11h das Ende der Tour markierte.

Auf der Terrasse eines Hotels in La Fouly rechneten wir genau aus, was wir für unsere verbliebenen Schweizerfranken noch Nettes zu uns nehmen könnten. Die Wahl fiel auf ein Eis bzw. einen Apfelkuchen und jeweils einen Kaffee.

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